H&V Journal – Juni 2007
Herrn Abweis und Frau Stress überzeugen
Was tun, wenn der Kunde unter Zeitdruck steht oder laufend Einwände vorbringt? Jeder Verkäufer fürchtet diese Situation, dabei könnte er sie mit ein wenig Übung zu seinem Vorteil nutzen. Das gilt insbesondere für die Kommunikation am Telefon. Vorausgesetzt, der Anrufer verfügt über Mut und das nötige Fingerspitzengefühl.
In das Beziehungsmanagement am Telefon zu investieren, lohnt sich: Der Verkäufer hat mehr Spaß an der Arbeit, die Zahl seiner Abschlüsse steigt, und der Anteil der Kritiker und Stressgeplagten am anderen Ende der Leitung sinkt. Das setzt aber voraus, dass der Verkäufer die Grundregeln erfolgreichen Telefonverhaltens beachtet.
Da wären zum einen die Regeln zu nennen, die für die Effizienz eines jeden Gespräches unerlässlich sind: Einsatz spezieller Fragetechniken, aktives Zuhören, positive, ziel- und kundenorientierte Formulierungen sowie eine professionelle Stimme. Zum anderen gibt es spezielle Argumentations-, Einwand- und Abschlusstechniken, die selbst schwierige Gespräceh zu einem erfolgreichen Abschluss bringen. Letztere sind besonders wichtig, denn gerade am Ende eines Dialoges haben es viele Verkäufer mit einer plötzlich stressgeplagten „Frau Stress“ zu tun. Oder sie stehen vor der Aufgabe, die Argumente des „Herrn Abweis“ ins Gegenteil zu wandeln.
Fingerspitzengefühl zeigen
Was also kann ein Verkäufer konkret tun, um den ablehnend gestimmten Kunden dazu zu bringen, das Angebot zumindest wohlwollend zu prüfen? Und wie vermeidet er es, vor dem Termindruck des anderen zu kapitulieren? „Bei den Einwänden des Kunden geht das Verkaufen erst richtig los“ – lautet ein alter Verkaufsspruch. Begreifen Sie Kundeneinwände als Chance, um sie durch schlagfertige, charmante und höfliche Hartnäckigkeit ins Gegenteil zu kehren. Machen Sie sich klar, warum schwierige Gespräche oft so erfolglos verlaufen. Dieses Verständnis erleichtert es Ihnen beim nächsten Mal, den Einwand professionell aufzufangen. Hier die drei wichtigsten Gründe:
1. Der „Fluchtinstinkt“ führt dazu, dass sich der Verkäufer in heiklen Situationen gerne rasch und Schmerzlos aus der Gefahrenzone entfernt. Aber Vorsicht: Wenn Sie ein Telefonat schon bei der ersten Schwierigkeit beenden, beleidigen Sie den Kunden und verbauen sich eine zweite Chance.
2. Der „Verteidigungsdrang“ bewirkt, dass Sie sich von einem Gegenargument persönlich getroffen fühlen und versuchen, sich mit streitlustigen Ausführungen zu verteidigen. Achtung: Der Kunde fühlt sich angegriffen.
3. Das „Konfrontationsbedürfnis“ lässt einen schnell zu „Ja, aber…“ Konstruktionen greifen. Das Problem: Das „aber“ macht das zuvor Gesagte zunichte und provoziert den Gesprächspartner. Außerdem läßt es bei ihm Alarmglocken a la „Aha, habe ich mir doch gedacht, dass die Sache einen Haken hat“ klingeln.
Sich auf Einwände vorbereiten
Nun geht es darum, konkrete Strategien für den Umgang mit Einwänden zu entwickeln. Wichtig ist, dass Sie sich auf mögliche Einwände vorbereiten. Hier die zehn häufigsten Standardsprüche:
- 1. Kein Interesse!
- 2. Kein Bedarf!
- 3. Keine Zeit!
- 4. Kein Geld!
- 5. Ich möchte vorab Unterlagen!
- 6. Ich habe bereits feste Lieferanten!
- 7. Ich beauftrage nur Bekannte und Verwandte!
- 8. Ich habe schlechte Erfahrungen gemacht!
- 9. Sie sind heute schon der zehnte Verkäufer!
- 10. Woher haben SIe überhaupt meine Nummer?
Trennen Sie zwischen Einwänden (Nr. 2 bis 10) und reinen Vorwänden (Nr. 1). Echte Einwände enthalten im Gegensatz zu pauschalen Vorwänden konkrete Gründe. Folglich erfordern Vorwände eine andere Reaktion als Einwände. Vorwände entlarven Sie in zwei Schriten. Ein Beispiel: Der Kunde: „Daran habe ich zur Zeit kein Interesse.“ Im ersten Schritt isolieren Sie den Vorwand, indem Sie ihn unter Verwendung der Wortwahl des Kunden in eine geschlossene Frage im Konjunktiv umwandeln: „Bedeutet das, angenommen Sie hätten zurzeit Interesse, dass Sie dann gerne (Vorteil 1 des Angebotes) und (Vorteil 2) näher kennen lernen würden?“ So zeigen Sie dem Kunden, dass Sie zugehört und ihn verstanden haben. Der Kunde: „Ja, aber ich bin vertraglich gebunden.“ Prima! Jetzt haben Sie es mit einem richtigen Einwand zu tun, dem Sie argumentativ begegnen können.
Die richtige Taktik in Sachen Einwände schaut so aus: Der Kunde: „Daran habe ich zur Zeit kein Bedarf.“ Im ersten Schritt kompensieren Sie den Einwand durch Bestätigung oder Lob: „Herr Meier, danke, dass Sie gleich so offen Ihre aktuelle Situation ansprechen…“ Der Vorteil ist, dass sich der Kunde bestätigt und aufgewertet fühlt. Im zweiten Schritt machen Sie dem Kunden mittels suggestiver Überleitung den Nutzen Ihres Angebotes anhand zweier Vorteile deutlich: „…ganz abgesehen davon, sind Sie ja sicher daran interessiert, ein für Sie vorteilhaftes Angebot zu prüfen, das Ihnen (Vorteil 1) und (Vorteil 2) bietet…“ Schließlich erzielen Sie durch eine geschlossene Frage („oder?“, „richtig?“) die Zustimmung des Kunden: „… und auf das Sie dann Jederzeit zurückgreifen können, oder?
Gespräche prositiv beenden
Auch wenn Sie Herrn Abweis und Frau Stress nicht überzeugen konnten, kann das Gespräch für Sie mittel- oder langfristig von Nutzen sein. Zum Beispiel, wenn Sie später erneut den Kontakt suchen – sofern Sie dem Kunden positiv in Erinnerung bleiben. Beenden Sie daher auch negative Gespräche immer mit einem positiven Schlussakkord:
- 1. Fassen Sie die wichtigsten Inhalte des Telefonats positiv zusammen. Das Ende eines Gesprächs bleibt am längsten in Erinnerung.
- 2. Vereinbaren Sie weitere Schritte, im Fachjargon „zukunfstorientierte Steuerung durch einen konkreten Verbleib“ genannt.
- 3. Integrieren Sie eine nette, unverbindliche aufforderung, mit der Sie Ihre Bereitschaft zu weiteren Tätigkeiten signalisieren.
- 4. Verabschieden Sie den Kunden mit persönlichen und netten Worten. Nutzen Sie hierzu persönliche Informationen, die Sie im Gespräch erhalten haben. Ergibt sich kein individueller Schlussgruß, wünschen Sie eine angenehme Woche, ein schönes Wochenende…
Herrn Abweis könnten Sie wie folgt verabschieden: „Danke, dass Sie mich informiert haben (1). Lassen Sie uns so verbleiben, ich halte Sie gern weiter auf dem Laufenden. (2). Und sollten Sie Fragen haben, rufen Sie mich an. Ich bin gern für Sie da (3). Für das nächste Tennismatch wünsche ich Ihnen gutes Wetter (4).“ im Fall von Frau Stress ist zu empfehlen, ihr zunächst kurz zu erklären, worum es geht. Schlagen Sie dann einen erneuten Anruf vor, aber lassen Sie Frau Stress einen Termin nennen: „Wann sind Sie denn nächste Woche am besten zu erreichen?“ Denn dann fühlt sie sich auch eher daran gebunden.