Der Kunde möchte einen günstigen Preis und die Lieferung am liebsten vorgestern. Sie erwarten selbstverständlich gutes Geld für Ihr gutes Produkt und können (und wollen) nicht vor nächster Woche liefern. Denn schließlich ist zuvor einiges zu regeln.
Ihre Kundin ist Lerche und ruft gerne um 7 Uhr morgens an, Sie sind eher Eule und kommen erst nachmittags richtig in Fahrt?
Das sind nur zwei ganz einfache Beispiele dafür, dass Menschen unterschiedlich ticken und natürlich jeder eigene Interessen verfolgt – gerade im Geschäftsleben. In der Realität ist es oft noch um einiges komplexer. Gegensätzliche Interessen führen häufig sogar zu Spannungen. Daher sind wir immer wieder gezwungen, uns mit anderen zu verständigen, und zwar gesichtswahrend für beide Seiten, damit die gute Beziehung erhalten bleibt und wir weiterhin einvernehmlich erfolgreiche Geschäfte machen können.
Was also tun? Gern wird bei Problemen oder Konflikten der Kompromiss als Allheilmittel beschworen, bei dem jede Seite der anderen entgegenkommt, indem sie ein wenig von der eigenen Position aufgibt. Warum nur beschleicht uns angesichts solcher Vereinbarungen so oft ein flaues Gefühl? Sie kennen das sicher:
„Herr/Frau XY, in Ordnung, ich überarbeite das Angebot nochmals, schaue, was ich preislich machen kann, und schicke es Ihnen morgen zu.“ Die gezeigte Kompromissbereitschaft verursacht oftmals überflüssige Arbeit, vor allem, wenn das Bauchgefühl bereits weiß, dass die Aktion sinnlos ist.
Ein Kompromiss lässt sich selten genau in der Mitte treffen, zumeist muss einer mehr geben als der andere – oder für ihn Wichtigeres. Das ist kaum zu vermeiden und es führt regelmäßig zu Missstimmung, weil sich einer (manchmal sogar beide oder alle von mehreren betroffenen Parteien) unwohl oder gar über den Tisch gezogen fühlt (fühlen). Brauchen wir das? Können wir zusammenleben, zusammen sein, gemeinsam Geschäfte machen im gegenseitigen Einverständnis, ohne dass sich einer mehr verbiegt als der andere? Wie ließe sich eine gemeinsame Entscheidung herbeiführen?
Alternativ gilt es, einen Konsens zu finden, bei dem beide Seiten gewinnen und keiner sich als Verlierer vorkommt. Um so einen Konsens zu erreichen, muss aber viel unter den Tisch fallen, denn alles allzu Kontroverse bleibt naturgemäß außen vor. Beliebt ist in der Politik beispielsweise das „Eine-Hand-wäscht-die-andere“-Prinzip: Ich lasse dir deine wichtigste Position und du mir meine. Dafür wird dann doppelt so viel Geld ausgegeben wie geplant. Das ist im Wirtschaftsleben kaum machbar.
Es gibt noch etwas Drittes, wenn Konflikte beizulegen sind: den Konsent. Anders als beim Konsens, der geschlossen wird, indem alle einig sind, sich also dafür aussprechen, ist die Lösung hier erreicht, sobald keiner mehr dagegen ist. Das klingt zunächst vielleicht seltsam, ist aber oft besser als ein fauler Kompromiss oder ein teurer Konsens. Es geht vielmehr um eine angemessene Entscheidung, wobei auch gelten kann: „We agree to disagree.“ Oft jedoch bringt Klarheit mehr als jeder schwammige Kompromiss. Bis zu einem gewissen Punkt kann jede Seite zustimmen, selbst wenn sich natürlich auch hier nicht jeder vollständig durchsetzt.
Ein simples Beispiel: Sie sind Weintrinkerin und lieben das mediterrane Flair. Ihr bester Kunde mag es herzhaft, trinkt gerne Bier und bevorzugt die Biergärten der Stadt. Ein Konsens ist hier schwerlich möglich. Natürlich können Sie sich abwechselnd beim feinen Italiener und im Gartenlokal treffen (Kompromiss: Jeder gibt mal nach). Oder Sie versuchen mal etwas ganz anderes und gehen zum Japaner oder in ein vegetarisches Restaurant.
Geht es um Diffizileres wie beispielsweise den Preis, können Sie sich mit Up- und Down- oder Cross-Selling behelfen und etwa zum gleichen Preis Zusatznutzen anbieten oder Ihr Angebot ein wenig einschränken.
Überlegen Sie zukünftig, welche Alternativen Sie haben, bevor Sie sich vorschnell auf einen Kompromiss einlassen, mit dem Sie weder gut leben können und wollen!
Foto: Claudia Fischer