Dass es gar nicht so einfach ist, im Gespräch den richtigen Ton zu treffen und sich wirklich verständlich zu machen, haben wir alle schon erlebt. Missverständnisse gibt es allerorten: zwischen Alten und Jungen, Männern und Frauen, Gefühlsmenschen und Sachorientierten oder auch Ohren- und Augenmenschen. Jeder versteht, was er verstehen will oder auch aus seiner Gedankenwelt und seinen Erfahrungen heraus verstehen kann. Am Telefon kommt erschwerend hinzu, dass Sie den anderen nicht sehen und damit der visuelle Übertragungskanal ausfällt, Sie also, ohne für den anderen sichtbare Mimik und Gestik auszukommen haben. Trotzdem können und sollen Sie sich auf jeden Gesprächspartner einstellen. Gerade im Verkauf, wenn Sie etwas vom Gegenüber wollen, tun Sie gut daran, Ihr Anliegen so verständlich wie möglich und für den anderen gut annehmbar rüberzubringen. Dabei hilft Ihnen Sensitivität, also Feinfühligkeit, eine erweiterte Wahrnehmung, bei der Sie sich empathisch in Ihr Gegenüber einfühlen. Das können Sie trainieren, anfangs am besten mit Ihnen gut bekannten Gesprächspartnern. Dazu ein paar hilfreiche Tipps:
- Bereiten Sie sich mental auf den Ansprechpartner vor, indem Sie sich ihn bildlich vorstellen, sein Gesicht also visualisieren. Dabei hilft ein Foto oder der Webauftritt des anderen.
- Führen Sie nun ein „gedachtes“ Gespräch mit dem visualisierten Partner. Rufen Sie ihn in Gedanken an und „sprechen“ Sie mit ihm über Ihr Anliegen.
- Achten Sie auf alle Impulse, die sich während Ihres mentalen Dialogs einstellen. Das können Assoziationen zur Stimmungslage des anderen sein, dazu, wann ein günstiger Zeitpunkt ist, mit ihm zu reden, oder dazu, wie er wohl über Ihr Angebot denkt. Notieren Sie diese Impulse. Sie können Ihren Gesprächspartner auch mit einer Farbe in Verbindung bringen, die Sie sich immer wieder vor Augen führen.
- Überinterpretieren Sie aber nicht, das ist zu Anfang durchaus ein Risiko.
Wenn Sie diese Übung vor jedem wichtigen Telefonat machen, werden Sie immer sensibler in Ihrer Wahrnehmung. Diese Sensitivität können Sie noch erweitern. Wenn Sie jemanden schon recht gut kennen, stellen Sie sich vermutlich ganz selbstverständlich in Stimme und Tonfall auf ihn ein. Das kann auch einmal ein wenig mundartliche Klangfarbe einschließen. Da Sie als Verkaufskraft sicher ein guter Menschenkenner sind, ist Ihnen bei einigen Kunden vielleicht schon aufgefallen, dass diese ganz bestimmte Formulierungen bevorzugen. Daraus können Sie ableiten, auf welchem Kanal jemand vor allem funkt: auf dem visuellen (Augentyp), dem auditiven (Ohrentyp) oder dem kinästhetischen (Gefühlstyp).
Der Augenmensch möchte etwas sehen, erkennen, betrachten, in Augenschein nehmen – und das wörtlich. Ihn am Telefon zu überzeugen ist herausfordernder, da das Optische eine so große Rolle für ihn spielt. Hierbei ist es absolut zu empfehlen, wenn Sie im Gespräch beispielsweise parallel Ihre Website mit ihm durchgehen und dort (oder in einem passwortgeschützten Bereich) Ihre Angebote zeigen. Somit entsprechen Sie seinem Wunsch nach schriftlichen Informationen wie Broschüren schon im Verkaufstelefonat. Ihr Interessent kann sich neben dem Besprochenen ein Bild machen von dem, was Sie zu bieten haben, sowie sich den Link speichern. Sprachlich benutzen Augenmenschen Begriffe aus dem Wortfeld „sehen“. Prima also, wenn Sie sich diesbezüglich auf ihn einstellen, ihm also beispielsweise erklären, dass sich etwas ins Auge fassen lässt, welche offensichtlichen Vorteile Ihr Angebot hat oder ihn fragen, wie er etwas sieht. Dieser Typ spricht übrigens oft sehr schnell, stellen Sie sich darauf ein, antworten Sie aber gern etwas langsamer, damit er sich Ihre Worte besser vorstellen kann.
Mit dem Ohrenmenschen haben Sie es am Telefonhörer natürlich wesentlich leichter, denn das Hören ist sein Element. Er braucht wenig optischen Input, kann sich alles gut vorstellen, wenn Sie es ihm im Gespräch ausführlich erläutern. Allerdings ist er ein anspruchsvoller Partner, hört feinste Nuancen heraus und fragt viel nach. Sie müssen ihm gegenüber sehr genau argumentieren und sich Ihrer Sache sicher sein. Sonst wird er Sie schnell als Blender entlarven. Hier sind Äußerungen angebracht, die sich auf das Gehör beziehen, etwa: „Sie können mich beim Wort nehmen!“, „Das Beste, was Sie gleich hören werden, ist …“ oder auch: „Das klingt prima“.
Der Gefühlsmensch möchte etwas spüren, anfassen, probieren. Er ist sehr sinnesorientiert. Auch der Umgang mit ihm am Telefon bedarf einer Feinjustierung. Wie beim visuellen Typ bietet hier das Internet gute Unterstützung. Denn die Tastatur zu bedienen, etwas mit Ihnen gemeinsam anzuschauen oder anzuhören, vermittelt ihm ein Gefühl. Möglicherweise bietet Ihre Internetpräsenz auch Anwendungsbeispiele, in denen er selbst ausprobieren oder nachvollziehen kann, was Sie ihm in Ihrem Angebot zeigen. Sprachlich kommen Sie ihm nahe, wenn Sie kinästhetisch formulieren, ihn etwa danach fragen, wie er etwas findet oder empfindet, welches Gefühl er bei einer Sache hat oder „spürbare“ Vorteile nennen. Hier geht es viel um Bauchgefühl, manchmal auch um Bauchschmerzen. Mag das für Sie vielleicht auch ungewohnt sein, denken Sie daran: Sie erreichen einen Gefühlsmenschen nur mit Gefühl auf der emotionalen Beziehungsebene.
Am einfachsten ist es natürlich, wenn Sie und Ihr Gesprächspartner auf demselben Kanal senden und empfangen, aber mit ein wenig Training können Sie sich auf jeden Kommunikationstypen einstellen. Das Erkennen solcher Muster üben Sie am besten mit Menschen, die Ihnen vertraut sind. Später können Sie es dann auch auf Neukontakte übertragen. Nach und nach werden Sie erkennen, wie viel besser Sie potenzielle Kunden erreichen, wenn Sie kommunikationstechnisch ein wenig auf sie eingehen. Vielleicht wird es Ihnen sogar Spaß machen, ein bisschen psychologisches Gespür zu entwickeln. Das hilft natürlich auch in zahlreichen privaten Situationen.
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