Was macht einen Menschen eigentlich schwierig? „Schwierige Menschen sind jene, die wir nicht verstehen können, die Verhaltensweisen haben, mit denen wir nicht umgehen können“, analysiert die Wiener Psychologin Julia Umek sehr treffend auf www.orf.at. Damit spricht sie ein zentrales Thema im Umgang miteinander an. Unsere Definition von „normal“ ist nicht unbedingt die des Gegenübers. Was wir vielleicht als Unverschämtheit empfinden, ist für den anderen der gewohnte Umgangston. Umso besser, wenn man die Fähigkeit besitzt, sich in die Lage des anderen zu versetzen. Umek meint hierzu: „Je höher die soziale Kompetenz ist, desto besser kann es gelingen, mit schwierigen Menschen umzugehen.“
Dabei geht es nach Meinung der Psychologin Dr. Doris Wolf, die auf www.palverlag.de über den Umgang mit schwierigen Menschen schreibt, vor allem darum, die Würde des Widerparts zu respektieren: „Diese Vorgehensweise führt dazu, dass der andere sein Gesicht wahren kann. Er ist somit gesprächsbereiter und offener für das, was wir möchten.“ Umek bestätigt dies und gibt gleichzeitig einige grundsätzliche Tipps. Sie empfiehlt, Reizwörter zu vermeiden und den anderen so zu akzeptieren, wie er ist. Schließlich sehne sich jeder Mensch nach Zuwendung, Wertschätzung und Anerkennung – das gelte gerade für schwierige Zeitgenossen. Dr. Doris Wolf betont überdies, dass man verschlossenen Menschen (von ihr „Schmoller“ genannt) eine Brücke bauen sollte. Sätze wie „Ich habe den Eindruck, dass dich irgendetwas beschäftigt. Wenn dir danach ist, können wir darüber sprechen“ würden den „Ball“ in die Spielhälfte des Schmollers spielen und ihm die Chance geben, sich aktiv zu öffnen, ohne dabei bedrängt zu werden.
All diese Beobachtungen gelten übrigens sowohl für den unmittelbaren Kontakt zwischen zwei Menschen als auch für Telefonkontakte.- wie sich ganz deutlich am Beispiel „Beschwerdemanagement“ zeigt. Da es hier oft zu extremen Konfliktsituationen kommt, stellt es die handelnden Personen sowohl bei direkten als auch bei telefonischen Kontakten vor größte Herausforderungen – ist von den Mitarbeitern in diesem Bereich besonderes Fingerspitzengefühl gefragt. Grundsätzlich empfiehlt es sich – sozusagen als „goldene Regel“ –, speziell bei emotional aufgeladenen Kontakten stets einen kühlen Kopf zu bewahren. Wer sich von der schlechten Laune oder gar der Wut des Anrufers anstecken lässt, der gibt alle Trümpfe aus der Hand, die Situation zu entschärfen. Bereits in meinem Buch Telefonpower habe ich das Thema „Beschwerdemanagement“ ausführlich dargestellt und Tipps zum professionellen Umgang mit solchen Stress-Situationen gegeben. Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Hilfestellungen:
- Seien Sie stets freundlich und erreichbar: Sehen Sie Beschwerden als Weg zu begeisterten Kunden. Freuen Sie sich auf jeden Anruf und lächeln Sie, das wirkt Wunder. Nehmen Sie spätestens nach dem dritten Klingeln den Anruf entgegen und sorgen Sie auch bei Abwesenheit dafür, dass der Anrufer nicht vergeblich klingeln lässt (z.B. per Umleitung auf das Handy, Vertretung durch einen Kollegen, Mail-/Voicebox).
- Sorgen Sie für einen positiven Gesprächseinstieg: Melden Sie sich professionell mit Firmennamen, Vor- und Nachnamen und Grußformel. Grüßen Sie Ihren Gesprächspartner zu Beginn kurz namentlich – selbst wenn er in Rage ist. Signalisieren Sie durch kleine Zuhörsignale wie „hm“ oder „ja“, dass Sie interessiert und aufmerksam zuhören. Das geht auch ohne (!) zu unterbrechen bzw. ins Wort zu fallen.
- Lassen Sie Dampfablassen zu, nehmen Sie sich zurück und äußern Sie Verständnis: Der erste Redeschwall kann heftig sein, doch er dauert nicht ewig. Geben Sie dem Kunden die Zeit, Dampf abzulassen. Gleichzeitig sollten Sie nicht am dem Gesagten zweifeln, sondern mit Lob (z.B. „Gut, dass Sie sofort anrufen!“) oder emotionalen Bestätigungen wie „Ich verstehe Ihre Situation“ Verständnis für den Anrufer signalisieren. Ziel ist es, ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen und gleichzeitig konkrete Hilfestellung zu geben sowie Lösungen anzubieten.
- Behandeln Sie Reklamationen positiv: Ein verärgerter Kunde braucht das Gefühl, wichtig genommen zu werden. Zeigen Sie ihm Lösungswege – oder zumindest die Bereitschaft, wenn es sein muss, das ganze Universum in Bewegung zu bringen.
- Machen Sie sich Notizen und bleiben Sie bei der Sache: Verärgerte Kunden wissen es zu schätzen, wenn Sie sich – bereits während der erste Dampf abgelassen wird (was Sie durch positive Zuhörsignale wie „ja …“ oder „hm …“ unterstützen) – „stille“ Notizen machen.
- Verifizieren Sie das Gesagte: Treffen Sie eine klare Vereinbarung und wiederholen Sie das Gesagte am Ende des Gesprächs. So gehen Sie sicher, dass Ihre Vorstellungen sich mit denen des Anrufers decken. Zusatz-Tipp: Verknüpfen Sie dies bei kurzfristig anstehenden Aktivitäten mit einem Uhrenabgleich.: „Herr Kunde, es ist jetzt 15.10 Uhr – ich rufe Sie innerhalb der nächsten 30 Minuten zurück!“
- Nachbereitung: Bestätigen Sie getroffenen Vereinbarungen kurz per E-Mail oder Fax und leiten Sie alle Informationen, die über die reine Schadensbehebung hinausgehen, weiter. Die Reklamation, richtig abgefragt, bildet eine Basis für Produkt- und Dienstleistungsverbesserungen. Zuguterletzt lohnt es sich zu prüfen, welche Schritte notwendig sind, um ähnliche Reklamationen von vornherein auszuschließen.
Weitere Tipps und Kniffe zum Thema „Beschwerdemanagement“ können Sie in meinem Buch Telefonpower nachlesen, das auch als Hörbuch erschienen ist.