Nur fröhliche Menschen sind erfolgreich? Unsinn, sagen inzwischen viele Experten. Die sogenannten Frohnaturen werden heute völlig überbewertet. Auch schlechte Laune kann durchaus wertvoll sein, wie der Psychologe Todd Kashdan belegt.
Er selbst war lange Zeit ein Anhänger der Glücksforschung – ganz nach dem Motto: Du willst ein besseres Leben? Dann sei einfach gut drauf! Doch irgendwann stellte Kashdan fest, dass die Formel glücklich = erfolgreich unzulänglich ist. Er fand zunehmend Belege, die an den Grundfesten der „positiven Psychologie“ rüttelten. Denn Forscher konnten in verschiedenen Experimenten nachweisen, dass Menschen, die glücklich sind, sich naiver verhalten als Traurige – und damit anfälliger für Fehler werden. Die gute Laune sorgt dafür, dass wir unachtsamer werden und uns Dinge schlechter merken können. Wenn wir gut gelaunt sind, beschäftigen wir uns weniger mit Details und neigen zu schnellen Schlüssen.
Meines Erachtens ist das weder neu noch überraschend. Die Mischung macht`s. Wer über-optimistisch agiert, handelt hin und wieder eher „blauäugig“, überschätzt Chancen und übersieht Risiken. Ein gesunder Pessimismus erhöht hingegen die Aufmerksamkeit: Wir denken mehr über mögliche Risiken und Fehler nach und können diese dadurch vermeiden. Auch unsere „dunkle Seite“, mit all ihren negativen Gefühlen, hat deshalb durchaus ihre Daseinsberechtigung. Angst, Wut oder Trauer sind keine Fehler in unserem System, sondern hilfreich und sinnvoll. Auch sie können Antrieb und Motivation erzeugen. Denn im täglichen Leben und bei der Arbeit setzt Ärger oft wichtige Kräfte frei.
Bei schwierigen Verhandlungen am Telefon kann es zum Beispiel durchaus helfen, zwischendurch mal wütend zu werden. Allerdings kommt es darauf an, wie sich der Unmut äußert. Wenn aus Ärger Feindseligkeit und Aggression wird, ist das hinderlich. Doch solange sich die Wut auf ein konkretes Problem konzentriert und das alles genutzt wird, um sachlich und konstruktiv nach Lösungen zu suchen, kann Ärger durchaus wertvoll sein – solange Freundlichkeit im Vordergrund bleibt.
So berechtigt der Fokus auf Glück auch sein mag – dadurch missachten wir, dass jede menschliche Emotion eine Aufgabe und einen Sinn hat. Manchmal brauchen wir eben eine gesunde Portion Schwarzseherei, um gute Arbeit zu leisten und am Ende glücklich zu werden.