„Schön, dass Sie sich melden! … Wie bitte? … Ja, da bin ich ganz Ihrer Meinung! Freut mich, dass Ihnen die Idee gefällt. Was halten Sie davon, wenn wir das Konzept nächste Woche gemeinsam noch etwas feintunen? Ich möchte sichergehen, dass wirklich alle Mitarbeiter von den geplanten Veränderungen profitieren …“ Gespräche wie dieses spielen sich tagtäglich in Deutschlands Büros ab. Und bei weitem nicht nur dort: Immer öfter werden wir mehr oder minder unfreiwillig „Ohrenzeuge“ von Business-Telefonaten und manchem Privatgespräch, dessen Inhalt wir weder hören noch wissen wollen. Sei es in der Bahn, im Café oder sogar abends im Restaurant. Natürlich ist das Smartphone eine großartige Erfindung, soviel steht fest. Doch trotzdem gibt es für mich Stil und Netiquette bei Telefongesprächen im öffentlichen Raum. Nicht nur zugunsten der Mithörer, sondern auch für mein eigenes Wohlbefinden und das meiner Gesprächspartner.
Richtig telefonieren im Großraumbüro
Großraumbüros scheinen nach wie vor der Traum jedes ambitionierten HR-Managers oder übereifrigen Raumplaners zu sein: Oasen der gemeinschaftlichen Arbeit, in denen ungehindert kommuniziert, Ideen und Erfahrungen ausgetauscht und gemeinsam an Projekten gearbeitet werden kann. Soweit die Theorie. Allerdings gibt es immer mehr Studien, die belegen, dass das Gewusel nicht kreativer, sondern schlicht und ergreifend krank macht. Klar können Unternehmen auf diese Weise Miete oder Baukosten sparen – doch sie betreiben damit gleichzeitig Raubbau an der Leistung ihrer Mitarbeiter. Sicher kennen Sie es selbst: Sobald das Telefon des Tischnachbarn klingelt, werden Sie ebenfalls aus Ihrer Konzentration gerissen. Das Klingeln selbst lässt sich mit etwas Übung zwar noch ausblenden – bei kontinuierlichen Gesprächen können Sie das jedoch vergessen. Und das Gebrabbel stört nicht nur, es verringert auch nachweislich die Leistungsfähigkeit um bis zu 10 Prozent! Logisch, denn viele können kaum noch einen klaren Gedanken fassen bei null Privatsphäre, schlechter Luft, kontinuierlichem Tastaturgeklapper – und Kollegen, die so laut sprechen, dass sie eigentlich gar kein Telefon benötigen.
Erfolgreiche Kundenkommunikation hat nichts mit Lautstärke zu tun!
Was glauben Sie, wie laut ein durchschnittliches Telefonat ist? Fakt ist, dass es eine leise Unterhaltung bereits auf 40 Dezibel bringt. Schon hier können bei dauerhafter „Beschallung“ Lern- und Konzentrationsstörungen auftreten. Mit anderen Worten: „Mal eben anrufen“ ist kein Kavaliersdelikt im geteilten Office – zumal einige Mitarbeiter auch die 40-Dezibel-Grenze locker überschreiten und noch am Ende des Flurs zu hören sind. Hinzu kommt, dass auch nicht alle Menschen gleich ticken. Während der eine sich einfach einen Kopfhörer aufsetzt und die Störgeräusche mit Musik übertönt, ist eine permanente Geräuschkulisse für introvertierte oder hochsensible Mitarbeiter nochmal um ein Vielfaches unangenehmer und kräftezehrender. Hier ist in erster Linie gegenseitige Rücksichtnahme gefragt: Es hilft schon viel, wenn Sie den Klingelton Ihres Telefons etwas drosseln und die penetranten Benachrichtigungstöne von PC und Smartphone ausschalten. Auch wenn die Meldung für Sie persönlich wichtig ist – viele Menschen schrecken jedes Mal hoch und werden aus ihrer Konzentration gerissen. Das muss nicht sein. Außerdem ist es sinnvoll, sich nach Alternativen zum Telefonat am Schreibtisch umzuschauen, denn leiser sprechen funktioniert in der Praxis nur bedingt. Vielmehr führt die Unruhe im Hintergrund dazu, dass Sie selbst unbewusst dagegen „anschreien“ und noch lauter als normal reden. Auch Ihr Gesprächspartner wird das Gewusel mitbekommen und sich schlimmstenfalls wundern, wo er wohl gelandet ist. Ich telefoniere gerne mit einem Headset: So haben Sie nicht nur die Hände frei, sondern können sich während des Gesprächs auch bewegen und kurzerhand dem Raum verlassen, wenn ein längeres Telefonat ansteht. Schnurlose Apparate sind ebenfalls schon eine Verbesserung – und wie wäre es mit kleinen, separaten Telefonecken im Gebäude, in die sich die Mitarbeiter für ungestörte Anrufe zurückziehen können? Auch sind u. a. schalldämmende Decken, Böden und Raumtrenner sinnvoll im Großraumbüro. Und noch ein ganz wichtiger Punkt: Nur, weil auf Ihrem Schreibtisch ein Telefon steht, heißt das noch lange nicht, dass Sie auch neun Stunden am Tag erreichbar sein müssen. Wenn Sie gerade mit mehreren Kollegen an einem Projekt arbeiten oder in einer wichtigen Besprechung stecken, können Sie Ihren Apparat auch einfach mal ab- oder stummschalten – oder Anrufe (nach vorheriger Information) auf die Zentrale umleiten.
Tipps zum Telefonieren unterwegs
Diese „Knigge-Regeln“ sollten nicht nur beim Telefonieren im Großraumbüro, sondern generell für öffentliche Gespräche beachtet werden. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass Menschen automatisch anfangen, selbst lauter zu reden, wenn sie an einem Ort mit vielen Nebengeräuschen sind? Das ist zumindest eine Erklärung dafür, wieso viele in Bus, Bahn oder Straßencafés dazu neigen, regelrecht in den Hörer zu schreien. Gerne auch, ohne das Smartphone direkt ans Ohr zu halten. Glauben Sie mir: Moderne Geräte sind inzwischen so gut, dass Sie völlig normal reden können – und das Smartphone auch nicht horizontal vor Ihren Mund halten brauchen.
Ich finde, dass persönliche Gespräche nicht auf diese Weise in der Öffentlichkeit breitgetreten werden sollten. Ich empfinde es meist als nervig, manchmal peinlich und nur selten witzig, wenn ich Ohrenzeuge solcher Telefonate werde. Gerade wenn es um berufliche Interna geht, halte ich es daher für besser, sich ein ruhiges Plätzchen zu suchen oder einen Rückruftermin zu vereinbaren, anstatt die halbe Stadt an den Details des Kundenauftrags teilhaben zu lassen.
Erreichbarkeit sollte ihre Grenzen haben
Für mich steht fest: Niemand muss immer und überall erreichbar sein. Das ist zwar praktisch – doch gerade auf einer festlichen Veranstaltung, einer Konferenz oder in einem Meeting ist ein klingelndes Handy einfach fehl am Platz. Besser, Sie schalten es dann auf lautlos oder direkt in den Flugmodus, um wirklich ungestört zu sein. Sicher nervt es Sie doch auch, wenn Sie zum Beispiel gemütlich im Restaurant sitzen und das Smartphone Ihres Tischnachbarn ständig klingelt, oder? Übrigens: In manchen Restaurants, Meetings oder auch Privathaushalten gibt es mittlerweile handyfreie Zonen und dafür vorgesehene „Handyboxen“ oder „Ladestationen“, in denen Smartphones für eine bestimmte Zeitdauer hinterlegt werden. Gar keine schlechte Idee! In Fernzügen gibt es bereits Ruheabteile. Auch hier sollte es der Anstand gebieten, dass Sie bei einem eingehenden Anruf oder einem dringenden Telefonat den Wagon verlassen. So wahren Sie nicht nur Ihre Privatsphäre, sondern vermeiden es auch, weitere Anwesende mit für sie überflüssigen Informationen zu belästigen.
Und falls die Telefonitis bereits zu stark ausgeprägt ist? Hier weiß die ÖBB, die Österreichische Bundesbahn, Abhilfe: Uneinsichtige Mitreisende, die trotz Ruhezone laut Musik hören oder Dauertelefonate führen, werden jetzt zur Kasse gebeten. Aus meiner Sicht eine klare Entscheidung, denn auch wenn ich gerne telefoniere: Es muss nicht immer und überall sein. Und ein bisschen Ruhe tut uns allen im stressigen Alltag gut. 😊
Auf einen Blick: 5 Tipps für erfolgreiche Telefonate in der Öffentlichkeit
- Fragen Sie sich selbst: Ist das wirklich nötig? Wir müssen nicht immer und überall erreichbar sein. Schalten Sie Ihr Telefon im Zweifelsfalle lieber stumm und lassen Sie die Mailbox ihren Job machen.
- Sie warten auf einen dringenden Anruf? Dann gebietet es die Höflichkeit, dass Sie Ihr Gegenüber kurz darüber informieren und beim ersten Klingeln den Raum verlassen, um wirklich unter vier Ohren zu sprechen.
- „Leiser sprechen“ funktioniert nicht wirklich, da wir unbewusst gegen Umgebungsgeräusche anschreien. Suchen Sie sich also lieber eine ruhige Ecke für ein Telefonat – unterwegs wie im Büro.
- Headsets oder schnurlose Apparate machen das Telefonieren nicht nur bequemer, sondern tragen auch viel zu einem entspannteren Arbeitsklima im Großraumbüro bei.
- Ein Gespräch mitten in der Fußgängerzone oder einem belebten Café ist nicht nur für Sie, sondern auch Ihren Gesprächspartner anstrengend. Erklären Sie besser kurz, warum es gerade ungünstig ist – und vereinbaren Sie einen späteren Rückruf.
Foto: Fotolia #102674521 – Panorama mit Büro und vielen Monitoren © Robert Kneschke