Sparkassen-Zeitung – Mai 2002
Wer fragt, der führt: Diese Grundregel der Kommunikation gilt ganz besonders beim Telefonieren. „Schließlich entfallen hier andere Instrumente der Gesprächssteuerung wie Mimik oder Gestik“, erläutert Claudia Fischer, Telefontrainerin aus Unterhaching bei München. Umso wichtiger sei es, gekonnt auf der Klaviatur der Fragetechniken spielen zu können. Jeder, der beruflich viel telefoniert, sollte das Quartett der Grund-Fragetechniken sicher beherrschen. Es gehört für Claudia Fischer „zum unverzichtbaren Repertoire“.
Im Telefontraining von Claudia Fischer spielen diese Basis-Techniken daher eine Hauptrolle und werden mit vielen Übungen in ihrer Wirkung getestet. Mit offenen Fragen etwa „lassen sich sehr gut Informationen bekommen“, während eine geschlossene Frage einer Entscheidung Vorschub leiste. Suggestiv-Fragen seien eine sanfte Form der Beeinflussung und Alternativ-Fragen „können zu Umsatzsteigerungen beitragen, wenn man etwa dem Befragten nur die Wahl zwischen Angeboten lässt. Der differenzierte Einsatz dieser unterschiedlichen Fragetypen ist ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg am Telefon“, so Claudia Fischer.
Präzise formulieren
Die Teilnehmer in Claudia Fischers Trainings lernen jedoch nicht nur den Einsatz der richtigen formalen Frageform, denn diese „allein garantiert noch kein effizientes Telefongespräch“. Ebenso hohe Aufmerksamkeit verdiene der Inhalt der Fragen, „will man damit das Gespräch weiterbringen und ihm Substanz verleihen“. Im Geschäftsleben seien Überflüssige oder unpräzise gestellte Fragen zu vermeiden, weist Claudia Fischer auf Unterschiede zwischen beruflichem Telefonkontakt und Kommunikation im Alltag hin. Die erfahrene Telefonexpertin, die Mitarbeiter mittelständischer und großer Unternehmen trainiert, gibt ein Beispiel: Wer einen Passanten auf der Straße fragt „Haben Sie eine Uhr?“, will keinen Zeitmesser erwerben, sondern lediglich eine Auskunft über die Uhrzeit. Und diese erhält er meist dann, wenn der Adressat automatisch den eigentlichen Wunsch des Fragers „errät“. Beim Kontakt zu Kunden oder Geschäftspartnern dagegen führen ungenaue Fragen selten zum Ziel. Stattdessen wird der Frager hier schnell als gedanken- und planlos abgeurteilt.
Aufmerksamkeit erreichen
Wohl überlegte Fragen haben zahlreiche Vorteile, die sich nach Claudia Fischer nicht auf den Lenkungseffekt beschränken: Fragen können die Wünsche, Kaufmotive, Bedürfnisse oder Präferenzen eines Anrufers enthüllen, dienen dem Anrufenden als roter Faden und sind der einfachste Weg, Missverständnisse auszuräumen. Bei emotional erregten Gesprächspartnern helfen Fragen bei der Versachlichung der Unterhaltung. Knüpft die Frage an bereits Gesagtes an, lässt sich zusätzlich Aufmerksamkeit erzielen und das Gegenüber fühlt sich bestätigt und ernst genommen. Und dadurch wiederum nimmt der Fragende die Zügel in die Hand, „oft unbemerkt vom anderen“. Den gleichen Effekt haben kurze Zwischenfragen wie „ja?“, die dem Gegenüber Zuhören signalisieren.
Nicht zu unterschätzen sind nach Claudia Fischer Feinheiten bei der Wortwahl. So dürfe niemals der Eindruck des Ausfragens oder gar Bloßstellens entstehen. Sehr direkte kurze Fragen wie „Warum haben Sie sich so entschieden?“ seien deshalb wenig geeignet, eine positive Gesprächsatmosphäre zu schaffen. Als Alternative empfiehlt Claudia Fischer Umschreibungen wie „Was hat Sie zu dieser Entscheidung motiviert?“, die wesentlich verbindlicher und freundlicher wirkten. „Die Wahrscheinlichkeit für einen positiven Abschluss des Gesprächs steigt dadurch enorm.“
Von W-Fragen und sanftem Druck
Die vier grundlegenden Fragetechniken unterscheiden sich unter anderem durch die mögliche Art der Antworten und den Grad der Beeinflussung des Gegenübers: Offene Fragen beginnen zum Beispiel mit „W“-Fragewörtern wie „wer“, „wie“ oder „wo“. Sie eignen sich gut dazu, Hintergründe und die Meinung des Gegenübers zu ergründen. Außerdem fördern sie den Dialog; bringen selbst schweigsame Menschen zum Reden und sind ein ideales Instrument, um das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken. Geschlossene Fragen lassen nur die Antworten „ja“ oder „nein“ zu und dienen deshalb in ,erster Linie dazu, eine Entscheidung herbeizuführen. Bei Vielrednern kann man mit diesem Fragetyp den Redefluss bremsen. Suggestiv-Fragen werden verwendet, um das Gegenüber in die gewünschte Richtung zu dirigieren. Sie sind so gestellt, dass dem anderen praktisch nur eine Bestätigung als Antwort möglich ist. Damit entsteht allerdings manchmal der Eindruck der Manipulation, wenn auch oft nur auf einer unbewussten Ebene. Bei festgefahrenen Dialogen können Suggestiv-Fragen dennoch hilfreich sein. Alternativ-Fragen lassen dem Gefragten die Entscheidung zwischen zwei positiven Möglichkeiten. Das kann bei unentschlossenen Gesprächspartnern zum Erfolg führen, jedoch auch als Einschränkung empfunden werden.