„Wir haben die Freiheit, unsere eigene Vision zu wählen, unsere Mission und unsere Werte.“ (Paul Wong, Positive Psychologie)
Nun stecken wir schon seit Wochen im Corona-Modus, der unser ganzes Leben zu bestimmen scheint. Der Alltag ist für viele trist, sie fühlen sich einsam ohne die regelmäßigen Kontakte zu Freunden, Verwandten oder Kollegen. Anderen wächst alles über den Kopf, etwa Eltern, die neben Homeoffice auch Homeschooling betreiben und ihre Kleinen daheim bei Laune halten müssen. Und die wirtschaftliche Not zerrt an den Nerven etlicher Selbstständiger oder derjenigen, die um ihren Job bangen müssen. Bei all dem fehlt der Ausgleich durch schöne Erlebnisse wie Reisen, Konzertbesuche oder Sportveranstaltungen. Erst langsam läuft das soziale und kulturelle Leben wieder an. All die Veränderungen und Einschränkungen können einem schon ganz schön zusetzen.
Wie wir mit Veränderungen umgehen, ist eine Frage unseres Wertesystems und der Einstellung. Das gilt auch für unser Business. Vielleicht haben Sie unabhängig von der Pandemie und ihren Folgen keine Lust zu telefonieren, verschieben wichtige Telefonate oder schreiben lieber eine Mail, weil Sie annehmen, den Kunden auf dem falschen Fuß zu erwischen? Dabei können Sie doch gerade in diesen Zeiten per Telefon Nähe herstellen und trotzdem Abstand wahren. Bestimmt kennen Sie die Geschichte mit dem halb vollen beziehungsweise halb leeren Glas? Richtig: Physikalisch gibt es keinen Unterschied. Manche werden hier zur optimistischeren, manche zur pessimistischeren Beschreibung tendieren. Eine Frage der Grundeinstellung, die sich auch im Telefonverkauf widerspiegelt.
Im Leben kommt es stets darauf an, wie man in die Welt blickt. Negatives zieht Negatives an. Kennen Sie Paul Watzlawicks Geschichte vom Hammer? Hier die Kurzfassung: Ein Mann will von seinem Nachbarn einen Hammer borgen. Bevor er das Haus verlässt, um bei diesem vorbeizuschauen, denkt er an allerlei Gründe, warum der Nachbar seinen Wunsch vielleicht nicht erfüllt. Er steigert sich so in diese Gedankengänge hinein, dass er schließlich davon überzeugt ist, dass der Nachbar ihn hasst und ihm niemals seinen Hammer leihen wird. Das Ganze gipfelt darin, dass der Mann beim Nachbarn anklopft und bereits als dieser öffnet, schreit: „Ich brauche Ihren Hammer nicht!“
Was ist passiert? Der Mann hat sich von negativen Emotionen und Gedankenwelten beeinflussen lassen. Sich in ein negatives Szenario gesteigert. Das kann selbst erfahrenen Verkaufsprofis am Telefon schon mal passieren.
Aber es geht auch andersherum. Sorgen Sie vor: Halten Sie positive Erlebnisse, kleine Freuden und besondere Erfolge sowie das, wofür Sie dankbar sind, fest in einer Art Tagebuch der Freude. Das Aufschreiben erleichtert die positive Ausrichtung, wenn es am späten Nachmittag oder abends um den Tagesrückblick geht. Das können inspirierende Begegnungen sein, Naturerlebnisse oder auch das erfolgreiche Abschlussgespräch mit einem Kunden. Sinnvoll ist auch ihre persönliche Erfolgsstatistik, durch die Sie sich Ihre Entwicklung und positive Erlebnisse immer wieder vor Augen führen. Somit können Sie in guten Zeiten für schlechte vorsorgen – und das nicht nur auf dem Bankkonto. Legen Sie also viele schöne Dinge auf die hohe Kante, um davon zu profitieren, wenn es mal nicht so gut läuft oder Sie sich gedanklich selbst blockieren. Dorthin lässt sich zurückblicken und die positive Retrospektive schafft Raum, erneut eine optimistische Grundhaltung für die guten Dinge zu entwickeln und für das, was Ihrem Leben Sinn gibt. Die auf Martin Seligmann zurückgehende Positive Psychologie bringt wissenschaftliche Belege dafür, dass Freude uns stärkt und günstig programmiert. Landeberg, Lang und Schmitz[1] weisen etwa nach, dass sich Lebenskunst, Sinn und Genuss trainieren lassen und anhaltend vorteilhafte Folgen zeitigen. Sie arbeiten in ihrer Studie auch mit einem Online-Tagebuch, in dem die Probanden ihre angenehmen Erlebnisse speichern. Bryant und Veroff[2] führen vier Bereiche an, die die Kunst des Genießens ausmachen: dankbar sein, staunen und bewundern, stolz sein und sinnlich genießen. Auch diese Forscher betonen den Sinn einer Liste schöner Aktivitäten. So empfehlen sie zwischendurch Mini-Urlaube und Genuss-Spaziergänge mit dem Ziel, deren Wirkung als innere Haltung zu integrieren.
Aus all dem folgt mein Credo: Azeptieren Sie, was ist. Schenken Sie sich mindestens drei Freuden am Tag, an die Sie sich erinnern können und für die Zukunft inspirieren lassen.
[1] In: Michaela Brohm-Badry, Corinna Peifer, Viktoria Franz (Hrsg.): Positiv-Psychologische Entwicklung von Individuum, Organisation und Gesellschaft. Nachwuchsforschung der DGPPF, Band I, Lengerich 2018, S. 50 – 60.
[2] Vgl.: Daniela Blickhan: Positive Psychologie. Ein Handbuch für die Praxis. 2. Auflage, Paderborn 2015, S. 70.
Foto: Claudia Fischer plus Illustration © Claudia Fischer von Sead Mujic